Der Verstoß gegen Sanktionen („Embargoverstoß“) ist mit erheblichen Sanktionen bewehrt – und gerade in den vergangenen Monaten keineswegs ein so exotischer Verstoß, dass man ihn nicht auf dem Schirm haben müsste. Wir sind in unserer Kanzlei in den vergangenen Monaten vorwiegend mit Beratungsanfragen konfrontiert im Bereich Software und Technologie-Güter, bei denen sich die Frage einer Einfuhr bzw. Ausfuhr über durchaus trickreiche Umwege stellt.
Allgemeines zum Sanktionsrecht
Im Kern geht es um Handels- und Handlungsbeschränkungen, die von Staaten eingesetzt werden, um auf – zumeist aggressive – politische Handlungen und Entwicklungen anderer Länder zu reagieren. Der Sanktionen-Komplex ist sehr verschachtelt, da es teilweise internationale und sich ergänzende aber auch nationale und sich überlappende Regelungen gibt. Speziell die USA mit ihren Sanktionen ist neben den Sanktionen der EU hervorzuheben. Nicht zuletzt auf Grund der erheblichen Bedeutung des US-Finanzsystems darf insoweit von einem faktisch weltweit zu beachtenden Sanktionssystem gesprochen werden.
Die Ausgestaltung von Sanktionen ist sehr individuell, inzwischen geht es über das schon klassische Exportverbot bestimmter kritischer Güter hinaus und regelt Dienstleistungs- und Finanzdienstleistungsverbote sowie individuell ausgemachte Personen und Unternehmen. Ein Verstoß gegen Sanktionen ist bei Import oder Export aus dem außereuropäischen Ausland schon aufgrund der Komplexität keineswegs fernliegend.
Die Rechtsgrundlagen sind sehr unterschiedlich ausgestaltet, auf oberster Ebene sind sicherlich die Resolutionen des UN- Sicherheitsrats (Art. 39 und 41 UN-Charta) zu sehen sowie speziel lmit Blick auf Russland die EU-Sanktionsnormen, ausgehend von einem GASP-Beschluss nach Art. 29 EUV. Kennen muss man im Übrigen natürlich das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) sowie die Dual-Use-Verordnung.
Verstoß gegen Sanktionen: Konsequenzen
Bei einem Verstoß gegen Sanktionen stehen umfangreiche Konsequenzen im Raum. Persönlich stehen für Verantwortlich erhebliche Freiheitsstrafen im Raum, da regelmäßig ein Verbrechen (1 Jahr Mindestfreiheitsstrafe) vorliegen wird, abhängig von der Art der betroffenen Ware, mit erhöhtem Strafrahmen nach oben.
Für das Unternehmen und ggf. den Geschäftsführer drohen dabei schon bei Fahrlässigkeit empfindliche Bußgelder bis zu einer halben Million Euro, speziell im Dunstkreis der Dual-Use-Verordnung (zu Bußgeldern bei Fahrlässigkeit auch §82 AWV beachten!).
Daneben stehen Fortwirkungen beim Verstoß gegen Sanktionen: Die Abschöpfung des Umsatzes zum einen und dann noch eventuelle Begleitdelikte, etwa im Steuerstrafrecht.
Verteidigung bei Verstoß gegen Sanktionen
Es ist eher der Regelfall als die Ausnahme, dass Unternehmer sich melden und erst mal uns „ganz genau“ erklären wollen, warum das von ihnen entwickelte Vertriebsmodell zulässig ist. Willkommen im Club.
Viele die auf eigene Faust, ohne interne Rechtsabteilung oder AWG-Beratung gearbeitet haben und denen ein Verstoß gegen Sanktionen vorgeworfen wird, glauben den alleinigen Durchblick zu haben. Das ist normal, für uns aber eher dröger Alltag, diese Personen aus ihrem Redeschwall zu lösen und zu kommunizieren, dass ebendiese Einstellung genau dorthin geführt hat, wo man gerade steht. Abgesehen davon, dass viele unserer Mandanten, die sich kein fachliches Feedback holen, gerade mangels Feedback glauben, alles besser zu wissen.
Die Verteidigung bei AWG-Verstößen, speziell dem Verstoß gegen Sanktionen, ist umfangreich und eine ausfüllende Aufgabe. Es gilt als Erstes, sachlich und fachlich das Vertriebsmodell zu analysieren und insbesondere auf den Prüfpunkt der Sanktionslisten zu stellen (die wenigstens haben einen sogenannten Nullbescheid wenigstens versucht zu erreichen). Nach der enorm kraft- und zeitintensiven Klärung der materiell-rechtlichen Seite folgt die prozesstaktische Seite, wobei AWG-Verstöße viele Lebensjahre kosten können. Hier muss abgewägt werden, welches Verhalten sinnvoll ist, pauschale Tipps kann es nicht geben. Eine ehrliche Einschätzung, wo man materiell-rechtlich steht, ist dabei mehr wert als dümmliche Luftschlösser, da nur so mehrere Jahre Haft erspart werden können.
Der Verstoß gegen Sanktionen ist nicht immer gleich die Lieferung von Waffen oder sonstigen Kampfmitteln – ein Blick in die Dual-use-Verordnung zeigt umfangreich betroffene Technologien. Ein Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht, gerade in unserer auf Wirtschaftsstrafrecht fokussierten Kanzlei, kann helfen!
Einfuhr und Ausfuhr von Software
Spezialfall Software bei Sanktionen
Eine besondere Herausforderung – und unser Schwerpunkt im Bereich der Technologien im Außenwirtschaftsstrafrecht – ist der Umgang mit Software. Dabei kann Software auf verschiedenen Ebenen eine erhebliche Rolle spielen, was teilweise noch nicht in jedem Unternehmen klar ist:
Wenn etwa die Verwendung von Opensource-Software-Komponenten im Raum steht, die vornehmlich in Russland entwickelt wurden, kann dies das gesamte Softwareprojekt betreffen. Ebenso, wenn Softwarekomponenten vertrieben werden (wie OCR-Software) bei denen der Bezug zu Russland mal bestanden hat, aber heute schon gar nicht klar ist, wo der Schwerpunkt des Unternehmens überhaupt liegt.
Abschließend besteht ein erhebliches Problem im Umgang mit Kryptowährungen und sonstigen Blockchain-basierten Produkten wie NFT und der Frage, ob damit im konkreten Einzelfall Sanktionen umgangen werden. Dabei ist zum Verstoß gegen Sanktionen kurz zu konstatieren, dass Kryptowerte samt Krypto-Wallets von den EU-Sanktionen erfasst werden – gleichwohl, auch wenn in der juristischen Literatur anderes behauptet wird, können Kryptowährungen brauchbar zum Transfer von Geldern genutzt werden.
Bei sonstigen Technologien liegt auf der Hand, dass alles, was mittelbar oder unmittelbar im Zusammenhang mit Waffen und Waffensystemen steht, erfasst sein wird – die Reichweite, auch hinsichtlich Dienstleistungen, die auf Technologien bezogen sind, muss im Einzelfall beim Verstoß gegen Sanktionen geprüft werden.
FAQ zum Verstoß gegen Sanktionen
Was genau bedeuten die Sanktionen gegen Russland noch? Es gibt einige klare Antworten, insgesamt aber kommt es immer auf den Einzelfall an. Pauschale Wege gibt es nicht – und die ständigen Änderungen auf EU-Ebene verlangen eine tagesaktuelle Betrachtung.
Wie weit geht das Embargo?
Jedenfalls bisher besteht kein echtes Totalembargo, sodass Geschäftsbeziehungen, die nicht verboten sind, weiterhin erlaubt sind.
Auswirkung auf bestehende Verträge
Das juristische Zusammenspiel ist sehr feingliedrig, im Regelfall wird bei einem bestehenden Vertrag eine rechtliche UNmöglichkeit eintreten, so dass hier das allgemeine vertragliche Leistungsstörungsrecht Lösungen bereit hält.
Grundsätzlich gelten Sanktionen dabei ab Inkrafttreten sowohl für Bestands- und Neugeschäft. Wie immer gibt es Ausnahmen, so sehen einige Sanktionsverordnungen gesonderte Regelungen vor, wie etwa Übergangsregelungen.
Was ist mit Dual-Use-Gütern
Die Verordnung (EU) 2022/328 hat den Verbotsrahmen von Art. 2 Verordnung (EU) 833/2014 verschärft:
- Ausfuhr, Verkauf und Verbringung aller Dual-Use-Güter und Technologien des Anhangs I der EU-Dual-Use-VO nach Russland oder zur Verwendung in Russland ist nunmehr grundsätzlich unabhängig von dem Empfänger bzw. Endverwender verboten, Art. 2 Abs. 1.
- Daneben ist die Erbringung von technischer Hilfe, Vermittlungsdiensten oder Finanzhilfen i. Z. m. Dual-Use-Gütern ebenfalls grundsätzlich verboten, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b.
Wer ist verantwortlich
Die Einhaltung rechtlicher Vorgaben im Sanktionsrecht ist von Unternehmen bzw. geschäftsführung / Vorstand autonom sicherzustellen. Dies entspricht auch der allgemeinen Rechtslage, Unternehmen sind für Ihre Compliance selbst verantwortlich! Sind Sie unsicher, ob ein konkretes Geschäft mit den EU-Sanktionen vereinbar ist, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. Im Fall einer Hausdurchsuchung ist sofort ein erfahrener Strafverteidiger hinzuzuziehen!
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