Landgericht Hannover mit (unbrauchbarer) Entscheidung zur GPL

Beim Landgericht Hannover (18 O 159/15, hier bei JurPC) ging es um eine unter einer GPL-Lizenz lizensierten Software, die insbesondere ohne beigefügten Lizenztext zum Download gestellt wurde. Die Entscheidung – im einstweuiligen Rechtsschutz ergangen – ist erst einmal nicht überraschend, wenn letztlich erkannt wird, dass ein Unterlassungsanspruch besteht, wenn unter Verstoss gegen die jeweiligen Lizenzbedingungen eine GPL-basierte Software zum Download gestellt wird. Überraschend ist, dass selbst im Jahre 2015 Gerichte immer noch mit absoluten Basics erhebliche Probleme haben:

  1. Der Entscheidung ist nirgendwo zu entnehmen, ob es nun um die GPLv2 oder die GPLv3 ging. Wer sich auskennt wird zu Recht darauf verweisen, dass auf Grund der kurzen Zitate klar sein dürfte, dass es um die GPLv2 ging – gleichwohl betrachte ich es als äusserst kritisch, wenn ein Landgericht dies nicht von sich aus sauber klarstellen kann.
  2. Richtig schwierig wird es für mich aber, wenn ich lese, dass man ersthaft mit der „auflösenden Bedingung einer allgemeinverbindlichen, auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden, eindeutigen Klärung“ Probleme hat. Es soll laut Landgericht nicht klar sein, was damit gemeint ist. Ich weiss nicht, ob das Gericht hier schlicht nicht wusste, dass der Bundesgerichtshof diese Klausel ausdrücklich mehrfach (!) in dieser Formulierung „abgesegnet hat“; oder ob man die Einzelfall-Entscheidung in der es um den EUGH ging einfach nur nicht begriffen hat: Jedenfalls ist an diesem Punkt die Entscheidung schlichtweg falsch. Dabei setze ich derartiges Grundwissen zur Formulierung von Unterlassungserklärungen als zwingend voraus, was das Landgericht hier gemacht hat ist mir nicht mehr zugänglich.

Im Ergebnis eine aus meiner Sicht vollkommen unbrauchbare Entscheidung, die wohl zu Unrecht die abgegebene Unterlassungserklärung nicht beachtet hat. Eine vollständige Analyse ist nicht möglich, da die Entscheidung den Sachverhalt unsauber aufarbeitet, sowohl hinsichtlich des Lizenztextes als auch hinsichtlich der abgegebenen Unterlassungserklärung. Sie ist als Grundlage für Analysen schlicht ungeeignet, dient aber als gutes Beispiel dafür, womit man selbst vor Landgerichten rechnen muss. 

Anspruch auf Updates: IT-Sicherheit von Software & Hardware als Faktor der Produkthaftung

Gibt es einen Anspruch auf Updates: Auf Spiegel-Online ist ein bemerkenswerter Beitrag zu lesen, der sich mit der IT-Sicherheit von Herzschrittmachern beschäftigt. Dort wird angesprochen, dass die IT-Sicherheit von Herzschrittmachern auf den Prüfstand gehört, insbesondere eingebaute Software offen gelegt sein sollte und ein Zugriff von außen abgesichert sein muss.

Das Thema ist ideal geeignet, um eine zunehmende Problematik zu verdeutlichen, denn hier geht es um ein äusserst sensibles Produkt an extrem gefährlicher Stelle – und offenkundig ist nicht einmal in diesem Bereich IT-Sicherheit ein Thema. Dabei haben Unternehmen auch in juristischer Hinsicht sehr gute Gründe, sich mit der IT-Sicherheit zu beschäftigen, die in Zukunft über die Produkthaftung eine ganz enorme Rolle spielen wird.

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Bundesgerichtshof zu Schutzmaßnahmen für Videospiele

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27.11.2014 entschieden, unter welchen Voraussetzungen technische Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlich geschützter Videospiele ihrerseits Schutz genießen.
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Haftung bei Open Source Software

Haftung bei Opensource Software: Freie Software ist heute Enorm verbreitet. Insbesondere im Bereich des Internet ist festzustellen, dass zahlreiche Standardprogramme und auch Standard-Protokolle in Form freier Software auftreten. Regelmäßig funktioniert dies dann so, dass hier in irgendeiner Form Programmierer beteiligt sind, die quasi ehrenamtlich an dem Projekt mitarbeiten.

Durchaus berechtigt ist dann die Frage, wie man rechtlich damit umzugehen hat, wenn plötzlich ein Fehler auftritt, der nachweislich von einem bestimmten Programmierer – oder auch verschiedenen Programmierern – stammt, speziell wenn letztendlich ein erheblicher Schaden aufgetreten ist. Gerade im Internet, wenn standardisierte Protokolle betroffen sind, ist das Risiko hier nicht klein zu reden, wenn man bedenkt wie viele kommerziell erfolgreich Plattformen bestimmte Projekte einsetzen. Hierzu ein kleiner Überblick.

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Gebrauchte Software und Computerspiele: Verkauf gebrauchter Spiele ist zulässig

Es wird darauf hingewiesen, dass Sony angeblich den Weiterverkauf gebrauchter Playstation-Spiele untersagen möchte. Erstaunlich ist, dass Software-Anbieter weiterhin derartige Klauseln einsetzen, obwohl sie inzwischen wohl umfassend rechtswidrig und damit unwirksam sein werden. Um es kurz zu machen: Ein blindes Untersagen des Verkaufs von Software funktioniert innerhalb der EU nicht. Wer Computerspiele oder Konsolenspiele gekauft hat, darf diese weiterverkaufen, anderslautende AGB von Anbietern sind unschädlich.

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Fortbestand von Unterlizenzen nach Beendigung der Hauptlizenz

In der Entscheidung vom 19. Juli 2012 (Az. I ZR 70/10) hat der Bundesgerichtshof (BGH) grundlegende Fragen zur Rückfallklausel im Urheberrecht und zum Fortbestand von Unterlizenzen nach Beendigung der Hauptlizenz behandelt. Die Entscheidung ist besonders relevant für die Praxis der Lizenzvergabe und die rechtliche Sicherheit von Unterlizenznehmern.

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GNU General Public License: GPL ist mit deutschem Recht vereinbar

Es gibt zwei ältere wegweisende Entscheidungen in der deutschen Rechtsprechung, die sich mit der Wirksamkeit der GPL – damals noch mit der GPLv2 – beschäftigt haben und hier der Vollständigkeit halber erwähnt seien: Die Entscheidung des LG Berlin (16 O 134/06) aus dem Jahr 2006 und natürlich die Entscheidung des LG München I (21 O 6123/04) aus dem Jahr 2004. Kurz kann man feststellen, dass beide Entscheidungen zu dem Ergebnis kamen, dass die GPL grundsätzlich wirksam ist. Etwas ausführlicher betrachtet findet man hier, gerade beim LG München I, die wesentlichen damaligen Fragen beantwortet:

  • Wer seine Software der GPL unterstellt, verzichtet nicht auf sein Urheberrecht. Das Ergebnis ist, dass eine der GPL unterstellte Software auch nur im Rahmen der GPL (oder eines sonstigen eingeräumten Nutzungsrechts) genutzt werden kann – man kann nicht erklären, dass ein „Verzicht auf Urheberrechte“ vorliegt und die Software damit quasi „herrenlos“ ist.
  • Der „Rechterückfall“ der GPL im Fall eines Verstosses gegen die Nutzungsbedingungen der GPL ist rechtswirksam, was bedeutet, dass das Nutzungsrecht entfällt wenn man die Regeln der GPL nicht einhält. (Dazu bei uns: Wie kann ein GPL Verstoß geheilt werden?)
  • Bei den Regeln der GPL handelt es sich nach deutschem Recht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die einer Prüfung der §§305ff. BGB unterliegen. Dass die AGB dabei verbindlich nur in englischer Sprachfassung vorliegen, ist kein Problem, da „Englisch in der Computerin­dustrie die gängige Fachsprache ist“ (so das LG München I), wobei man sich das Hintertürchen offen lässt, wie es gegenüber Verbrauchern aussieht.
  • Das Prinzip des Copyleft begegnet ausdrücklich keinen Bedenken.

Wozu nichts gesagt wurde ist der umfassende Haftungsausschluss, der jedenfalls bei oberflächlicher Betrachtung mit deutschem Recht in dieser Form – jedenfalls gegenüber Verbrauchern – wohl nicht vereinbar ist (siehe dazu nur den Bundesgerichtshof, VIII ZR 174/12, hier bei uns). Rechtsprechung dazu fehlt, die Sichtweise der Literatur zum Thema, die einen Schenkungsvertrag annimmt und damit eine Einschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit überzeugt allerdings.

Verkauf gebrauchter Software: Aufspaltung von Volumen-Lizenzen möglich?

Adrian Schneider weist auf Telemedicus darauf hin, dass sich das OLG Frankfurt (11 U 68/11) mit der Frage beschäftigt hat, ob man Volumenlizenzen beim Verkauf von gebrauchter Software aufspalten kann.

Update: Der BGH hat inzwischen entschieden, dass eine Aufspaltung der Volumenlizenzen ebenfalls möglich ist.
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Standardsoftware als Ware

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 28. Oktober 2008 in der Entscheidung IX R 23/08 klargestellt, dass Standardsoftware, die auf einem Datenträger gespeichert ist, als bewegliche Sache und damit als „Ware“ im Sinne des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG anzusehen ist. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Verlusten aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Standardsoftware beschäftigen.

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