Reverse Engineering: EUGH zur Dekompilierung von Software

Der EUGH (C‑13/20) konnte zur Dekompilierung von Software, auf Basis der früheren „Computerprogramm-Richtlinie“ 91/250, festhalten, dass

  • der rechtmäßige Erwerber eines Computerprogramms berechtigt ist, dieses ganz oder teilweise zu dekompilieren, um Fehler, die das Funktionieren dieses Programms beeinträchtigen, zu berichtigen;
  • insbesondere ist dies in dem Fall zulässig, dass die Berichtigung darin besteht, eine Funktion zu deaktivieren, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Anwendung, zu der dieses Programm gehört, beeinträchtigt;
  • sowie, dass der rechtmäßige Erwerber eines Computerprogramms, der die Dekompilierung dieses Programms vornehmen möchte, um Fehler, die dessen Funktionieren beeinträchtigen, zu berichtigen, nicht den weiteren Anforderungen nach Art. 6 dieser Richtlinie genügen muss. Der Erwerber darf eine solche Dekompilierung jedoch nur in dem für die Berichtigung erforderlichen Ausmaß und gegebenenfalls unter Einhaltung der mit dem Inhaber des Urheberrechts an diesem Programm vertraglich festgelegten Bedingungen vornehmen.

Die hier zu Grunde gelegte Richtlinie 91/250 wurde durch die Richtlinie 2009/24/EG aufgehoben – inhaltlich wird die Entscheidung übertragbar sein und zukünftig, im immer bedeutenderen Bereich der Dekompilierung, eine erhebliche Auslegungshilfe darstellen. Mit Blick auf die gefestigte deutsche Rechtsprechung zu urheberrechtlichen Fragen beim Reverse Engineering ergeben sich für mich nach erstem Lesen allerdings keine gravierenden Änderungen.

Abmahnung von Microsoft – Verkauf von Product Keys oder CoA

Der Verkauf von Software und Lizenzen geht mit vielen Tücken einher, alleine deswegen sind Abmahnungen bei Softwarehäusern und Softwareverkäufern ein dauerndes Thema. Gerade wer zwar geschäftlich aber nicht professionell agiert, begeht schnell Fehler, weil er mit laienhaften Verständnis Dinge falsch interpretiert. So möchte ich einleitend zusammenfassen, was aus meiner Sicht am Ende möglicherweise zu einer Abmahnung von Microsoft führen kann, wie ich derzeit etwa eine – aus Sicht eines Abgemahnten – bearbeiten darf. Hintergrund ist der Verkauf von Produktschlüsseln, doch es gibt häufig auch andere Angriffspunkte, die wohl auch im Zuge von Abmahnungen geltend gemacht werden. Ein Überblick.
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Gebrauchte Software: Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zum Verkauf von Gebrauchtsoftware

Ist das kaufen gebrauchter Software legal? Inzwischen ist geklärt, dass ein Verkauf gebrauchter Software grundsätzlich möglich und auch kaum zu unterbinden ist. Doch der Verkauf von Gebrauchtsoftware bleibt eine komplizierte Sache, auch nachdem der EUGH die grundsätzliche Zulässigkeit des Handels mit gebrauchter Software erkannt hat. Der Bundesgerichtshof hat sich mit dieser Frage mehrmals beschäftigt und auch nach der EUGH-Entscheidung finden sich hier wichtige Wegweiser für den Bereich des Handelns mit gebrauchter Software.

Dieser Beitrag gibt einen grundsätzlichen Überblick zur Thematik „Kauf und Verkauf gebrauchter Software“ und wurde zuletzt im Dezember 2016 aktualisiert, Berücksichtigung ist auch die Entscheidung „Green IT“ des BGH.

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Bei Verkauf technischer Geräte kein Hinweis auf bestehende Sicherheitslücken nötig

Beim Oberlandesgericht Köln (6 U 100/19) ging es um die Frage, ob beim Verkauf von Smartphones auf im Rahmen des Betriebssystems bestehende Sicherheitslücken und fehlende Sicherheitsupdates hingewiesen werden muss. Die Entscheidung ist Wichtig, inhaltlich durchaus richtig – und offenbart zugleich kritisch zu hinterfragende Probleme im Umgang mit der Cybersicherheit.

Passend dazu: Verkäufer muss nicht auf bald bevorstehenden Modellwechsel hinweisen

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Gebrauchte Product-Keys: Urheberrechtsverletzung durch Zugänglichmachung von Testversion und Verkauf von Product-Keys

Verkauf von Product Keys: Beim OLG München (29 U 2554/16) ging es um die Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung einer Testversion und Verkauf von Product-Keys für ein Computerprogrammpaket. Dabei konnte das OLG nochmals hervorheben, dass man einen möglichen Wettbewerbsverstoss darin erkennt, schlichte Productkeys als Nutzungs-Lizenzen zu bewerben

Mit dem Anbieten, Feilhalten und Inverkehrbringen von Product Keys für die streitgegenständlichen Computerprogramme als Lizenz hierfür beschreibt die Klägerin eine möglicherweise irreführende und daher wettbe werbswidrige Verhaltensweise der Beklagten, nicht aber den behaupteten Urheberrechtsverstoß (vgl. BGH GRUR 2015, 1108 Tz. 21 – Green-IT).

Wichtig ist auch, nochmals daran zu erinnern, dass eine Erschöpfung bei einem Inverkehrbringen innerhalb des EU-WIrtschaftsraums vorliegen kann, nicht aber bei ungenehmigten Importen aus Drittstaaten:

Erschöpfung tritt daher nicht ein, wenn das Vervielfältigungsstück durch den Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung außerhalb der Gemeinschaft verkauft wird. Eine internationale Erschöpfung gibt es nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht (…) Daher können die Berechtigten auch Reimporte aus Drittstaaten wirksam unterbinden; dies selbst dann, wenn der Drittstaat eine weltweite Erschöpfung anerkennt (…)

Gerade von Microsoft sind mir hier Abmahnungen bekannt geworden, auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren gibt es in diesem Bereich.

Beachten Sie dazu auch: Die strafrechtliche Seite des Verkaufs von Product-Keys

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Anspruch auf Updates: IT-Sicherheit von Software & Hardware als Faktor der Produkthaftung

Gibt es einen Anspruch auf Updates: Auf Spiegel-Online ist ein bemerkenswerter Beitrag zu lesen, der sich mit der IT-Sicherheit von Herzschrittmachern beschäftigt. Dort wird angesprochen, dass die IT-Sicherheit von Herzschrittmachern auf den Prüfstand gehört, insbesondere eingebaute Software offen gelegt sein sollte und ein Zugriff von außen abgesichert sein muss.

Das Thema ist ideal geeignet, um eine zunehmende Problematik zu verdeutlichen, denn hier geht es um ein äusserst sensibles Produkt an extrem gefährlicher Stelle – und offenkundig ist nicht einmal in diesem Bereich IT-Sicherheit ein Thema. Dabei haben Unternehmen auch in juristischer Hinsicht sehr gute Gründe, sich mit der IT-Sicherheit zu beschäftigen, die in Zukunft über die Produkthaftung eine ganz enorme Rolle spielen wird.

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Gesetzgebung: Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kaufrechts und des Bauvertragsrechts

Vorsicht, wer nur den Titel des Gesetzentwurfs liest, der begeht den schweren Fehler es als Spezialmaterie abzutun. Denn hinter dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“ steckt keineswegs ein kleines Reförmchen das sich im Schwerpunkt auf das Baurecht spezialisiert. Vielmehr geht es um tiefgreifende Änderungen in der Struktur des Schuldrechts BT und des Kaufrechts mit kleineren Änderungen im Werkvertragsrecht. Ein Blick vorab kann sich lohnen.

Update: Der Bundesrat hat noch Nachbesserungswünsche im April 2016 geäussert, dazu das Plenarprotokoll (S. 169) und ein Bericht bei Haufe. Insbesondere die Position von Handwerkern soll nachgebessert werden.
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Gebrauchte Software und Computerspiele: Verkauf gebrauchter Spiele ist zulässig

Es wird darauf hingewiesen, dass Sony angeblich den Weiterverkauf gebrauchter Playstation-Spiele untersagen möchte. Erstaunlich ist, dass Software-Anbieter weiterhin derartige Klauseln einsetzen, obwohl sie inzwischen wohl umfassend rechtswidrig und damit unwirksam sein werden. Um es kurz zu machen: Ein blindes Untersagen des Verkaufs von Software funktioniert innerhalb der EU nicht. Wer Computerspiele oder Konsolenspiele gekauft hat, darf diese weiterverkaufen, anderslautende AGB von Anbietern sind unschädlich.

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Spielerecht: Anbieter eines Online-Spiels hat wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Bot-Anbieter

Das Landgericht Hamburg (312 O 322/12) hat festgestellt, dass der Anbieter eines Online-Spiels nicht dulden muss, dass Dritte (nach den Spielregeln unerlaubte) Bot-Software anbieten. Hier ergibt sich ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 10 UWG.

Korrekt weist das Gericht darauf hin:

Zum einen wird der Ruf des Spieles beeinträchtigt, wenn Spieler enttäuscht oder verärgert sind, weil andere Spieler mit der Unterstützung eines Bots spielen.

Hinzu kommt, dass im Rahmen des Spiels virtuelle Items, die man erspielt hat, gegen Geld kaufen und wieder verkaufen konnte. Auch hier sieht das Gericht eine Schädigung der Attraktivität des Spiels, da zum einen das Interesse am Spiel sinkt, wenn andere durch automatische Spielhilfen Items erspielen. Weiterhin:

Es entspricht auch der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit, dass die durch automatische Hilfe angekurbelte Zahl der Items, die zum Verkauf gestellt werden können, die Preise sinken lässt, so dass es für den ehrlichen Spieler weniger reizvoll ist, intensiv zu spielen um einen höheren Level zu erreichen und seine erworbenen Gegenstände zu verkaufen. Es ist zwar denkbar, dass, wie die Antragsgegner vorgetragen haben, der Handel durch die Bot-Nutzer nur verstärkt wird und die Antragstellerin durch Provisionen nicht weniger Einnahmen generiert als ohne die Bot-Spieler. Es genügt für die Annahme einer Behinderung aber, dass das von der Antragstellerin implementierte Spiel- und Geschäftsmodell durch den Verkauf der Bots in einer Weise beeinflusst wird, die für die von der Antragstellerin avisierten Spiel- und Kaufinteressenten abschreckend wirken kann und den Betrieb des Spiels damit stören kann (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 16.7.2002 – 312 O 271/02, CR 2002, 763 = insb. Rz. 23).

Das bedeutet, dass sich Spieleanbieter nicht nur gegen Nutzer wehren können die Bots einsetzen – entsprechende Urteile habe ich auf dieser Seite bereits vorgestellt. Auch die effektivere Gegenwehr gegen Bot-Anbieter selbst ist möglich. Diese Rechtsprechung wurde durch das Landgericht Hamburg (312 O 390/11) in einer weiteren Entscheidung bestätigt.

Amtsgericht Göttingen: SIM-Lock entfernen ist strafbar

Nach dem AG Nürtingen hat nun auch das Amtsgericht Göttingen (62 DS 106/11) festgestellt, dass das Entfernen eines SIM-Lock eine Strafbarkeit, nämlich wegen Fälschung beweiserheblicher Daten (§269 StGB) sowie Datenveränderung (§303a StGB) darstellt. Laut ersten Presseberichten ist das Thema damit aber erst der Auftakt, der Strafverteidiger hat wohl angekündigt, die nächste Instanz zu beschreiten.

Das Thema bleibt spannend, speziell da inzwischen das Entfernen des SIM-Locks ein finanzstarker Markt geworden ist: In Fällen wie den hier verhandelten bietet jemand gegen Bezahlung die Entfernung von SIM-Locks an. Es geht also nicht um den Privatnutzer, der auf Grund einer Anleitung aus dem Internet selber entsperrt, sondern um das gewerbliche Handeln, auch wenn es materiell-rechtlich keinen Unterschied im Rahmen der §§269, 303a StGB darstellt warum man den SIM-Lock entfernt.

Hinweise: Es gibt auch andere Entscheidungen dieser Art. So erwirkte die Staatsanwaltschaft Augsburg einen Strafbefehl gegen eine Privatperson, die einen SIM-Lock entfernte. Der BGH stellte in einem zivilrechtlichen Verfahren (I ZR 13/02) fest, dass ein Handyhersteller Unterlassungsansprüche gegen jemanden hat, der eigenmächtig entsperrte Handys veräußern möchte, da eine Markenverletzung vorliegt (so auch OLG Frankfurt a.M., 6 U 68/01). Neben den oben benannten Normen des StGB sind immer auch markenrechtliche sowie urheberrechtliche Ansprüche zu bedenken, die nicht nur zivilrechtliche sondern mitunter auch strafrechtliche Folgen haben können. Dabei hat der BGH bereits klar gestellt, dass man sich weder auf eine Erschöpfung nach §24 MarkenG, noch auf eine Fehlerberichtigung nach §69d UrhG berufen kann (BGH, I ZR 255/02).

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