Immer wieder diskutiert, aber in der Rechtsprechung wenig relevant ist die Frage der Produkthaftung bei Software nach dem Produkthaftungsgesetz. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig gestaltet und damit eigentlich besonders attraktiv für den Vertragspartner (somit besonders unattraktiv für den Hersteller der Software). Gleichwohl ist eine besonders wichtige Frage bis heute nicht abschließend geklärt.
Haftungsumfang
Das Gesetz ist recht simpel (§1 Abs.1 S.1 ProdHG):
Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Bei Software erscheint auf den ersten Blick fraglich, inwieweit das überhaupt zutrifft – gleichwohl gibt es (inzwischen) eine Vielzahl von Anwendungsfällen in denen derartige Haftungsfälle auftreten können – und werden.
Die Beschädigung einer Sache bezieht sich immer auf eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt selbst – wenn also etwa das Gerät oder die Anlage beschädigt wird, in der die Software eingesetzt wird. Gerade in Industrieanlagen wird sich diese Frage stellen, aber selbst bei Produkten von Endverbrauchern kann man fragen, ob etwa ein fehlerhaftes Firmware-Update zu einer Beschädigung der Sache „Computer“ führt, die Ansprüche auslöst.
Auch Körper, Gesundheit und Leben können schnell eine Rolle spielen – seit jeher etwa bei Software, die im medizinischen Bereich eingesetzt wird. In naher Zukunft aber auch im Bereich der Automobilindustrie, wenn Software – von Drittherstellern! – in Automobilen eine Rolle spielt.
Das Problem der „beweglichen Sache“
Produkt im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sind entweder „bewegliche Sachen“ oder „Elektrizität“. Dass eine Software nicht als „Elektrizität“ aufzugreifen ist, liegt auf der Hand; Doch ist es eine „bewegliche Sache“? Auf den ersten Blick nicht, „bewegliche Sache“ kann begrifflich nur sein, was man „in die Hand nehmen kann“. Software dagegen, als ideelles Produkt, kann man schwerlich derart begreifen.
Früher wollte sich die juristische Literatur an der Stelle über einen nahe liegenden Umweg behelfen, indem man den Datenträger ins Auge fasst, auf dem die Software geliefert wird. Bis in die 1990er ging man diesen Weg, wobei die Möglichkeit des Downloads als nur theoretisches Problem betrachtet wurde. Dies hat sich inzwischen auf Grund der technischen Entwicklung aber überholt. Gleichwohl geht man heute (wohl?) den besseren Weg mit einer entsprechenden Auslegung des Gesetzes. Das Ergebnis ist heute wie früher das gleiche, wenn auch sich die Begründungen geändert haben: Standardsoftware wird als Produkt im Sinne des ProdHG eingestuft, individuell angefertigte Software dagegen nicht.
Die Rechtsprechung bietet hier wenig Hilfe, Entscheidungen zum Thema sind rar gesät: Das Amtsgericht Düren (45 C 332/00) liess die Frage ausdrücklich offen, ob bzw. wann Software als Produkt einzustufen ist. Das Landgericht Berlin (31 O 135/05) zog es vor, diese Frage gar nicht erst anzusprechen und behandelte nur die verschuldensabhängige deliktische Produkthaftung bei einer individuellen Software.
Fazit
In der Praxis wird sich das Problem weiterhin umschiffen lassen, da man regelmäßig mehr erreichen kann über die verschuldensabhängige deliktische Haftung. Gerade dort, wo sich massenhafte Software in Zukunft finden lässt und eine Gefährdung fremder Gesundheit darstellt (medizinische Software und in Automobilen) zeigt sich aber ein Markt, der nicht zu unterschätzen ist. Die aktuellen Wege in der Literatur sind dabei durchaus überzeugend, wenn für individuell angefertigte Software eine Haftung abgelehnt wird. Es ist davon auszugehen, dass es hierbei auch mit der Rechtsprechung verbleiben wird.
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