Bundesfinanzhof zur Umsatzsteuerpflicht bei eBay-Verkäufen

Immer wieder sorgen auf eBay die Begrifflichkeiten für Probleme: Es ist Laien verständlicherweise nur schwer zu vermitteln, warum sie „gefühlt“ als Privatperson handeln, tatsächlich aber als „Unternehmer“ eingestuft werden. Richtig wild wird es dann auch noch, wenn die Betroffenen verstehen müssen, dass es verschiedene Unternehmer-Begriffe gibt, etwa zivilrechtlich oder auch steuerrechtlich und diese unabhängig voneinander zu betrachten sind. So kann es sein, dass jemand der massenhaft Bekleidungsstücke seiner Kinder verkauft, zwar als Privatperson zu verstehen ist und keiner Umsatzsteuerpflicht unterliegt, gleichwohl zivilrechtlich aber als Unternehmer nach §14 BGB eingestuft wird und damit entsprechende Belehrungspflichten zu erfüllen hat.

Der Bundesfinanzhof (V R 2/11) hat sich schon früher mit der Umsatzsteuerpflicht auf ebay sehr eingängig beschäftigt und dies 2015 bestätigt.

Die Entscheidung des BFH aus 2012 zur Umsatzsteuer bei eBay-Verkäufen

Zur Umsatzsteuerpflicht ist mit dem BFH kurz festzustellen:

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Damit ergeben sich folgende Punkte für eine Umsatzsteuerpflicht:

  1. Man muss Unternehmer sein, also eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausführen.
  2. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht nötig.

Es läuft damit am Ende darauf hinaus, zu prüfen, ob eine „nachhaltige Tätigkeit“ vorliegt. Da hier auf das Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht verzichtet wird, ist es entgegen dem (Rechts-)Gefühl betroffener Laien also auch egal, ob man da seine alten Sachen verkauft und am Ende „nur Verlust“ macht. Die Frage, ob da Einnahmen (also letztlich blanker Umsatz) nachhaltig generiert werden, möchte die Rechtsprechung dann in einer „Gesamtwürdigung aller Umstände“ prüfen. Übersetzt heisst das: Man guckt auf das Gesamtbild als Richter und schätzt ab, ob das „noch geht oder eben nicht“. Vorherzusagen ist da naturgemäß recht wenig. Als Kriterien kommen mit dem Bundesfinanzhof in Betracht:

[…] die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals […] Dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat, ist […] kein für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit alleinentscheidendes Merkmal

Das Finanzgericht hatte als vorherige Instanz in Abwägung dieser Merkmale ein nachhaltiges Tätigwerden bejaht. Das ist insofern durchaus beachtenswert, als dass das Finanzgericht hierbei den Weg ging und auch den Organisationsaufwand berücksichtigt hat: Es ging um eine Kunstsammlung und dem Betroffenen wurde vorgehalten, bei jeder einzelnen Auktion einen grösseren Aufwand betrieben zu haben. Dies, indem Bilder fotografiert wurden, man auf eMails mit Rückfragen reagieren musste, Zahlungen verbuchte und zeitnah die verkauften Bilder absendete. Dabei sollte auffallen, dass der hier beschriebene Aufwand nichts anderes ist als das übliche eBay-Prozedere, das jeden Verkäufer zugleich trifft. Am Ende ist es dann doch nur die enorme Anzahl von Verkäufen, die diesen für jeden üblichen Aufwand exorbitant ansteigen lässt. Mit dieser Logik aber wird dann die Zahl der Verkäufe doch zum vom Bundesfinanzhof gerade nicht gewollten alleinigen Kriterium.

Nun zeigt der Blick auf den konkreten Fall, dass nur wenige wirkich private Verkäufer in einer ähnlichen Situation stecken werden. So erzielte der Betroffene im vorliegenden Fall

im Jahr 2001 aus 16 Verkäufen 2.617 DM, im Jahr 2002 aus bereits 356 Verkäufen 24.963 EUR und in den Streitjahren 2003 bis 2005 aus insgesamt 841 Verkäufen 83.500 EUR

Die berühmte Familie, die üblichen Hausrat (insbesondere Kinderbekleidung) bei ebay verkauft, wird schnell die leidliche Erfahrung haben, von solchen Summen nur träumen zu können. Insofern sollte man die Entscheidung jetzt nicht auf jeden ebay-Verkauf ausdehnen und Schreckgespenster an die Wand malen.

Entscheidung aus dem Jahr 2015

Im Jahr 2015 hat sich der Bundesfinanzhof (XI R 43/13) erneut geäußert und die bisherige Rechtsprechung bekräftigt:

Wer planmäßig, wiederholt und mit erheblichem Organisationsaufwand mindestens 140 fremde Pelzmäntel über eine elektronische Handelsplattform (z.B. „eBay“) in eigenem Namen verkauft, wird damit unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig. (…) Ausgehend davon ist fraglich geworden, ob an der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach Leistungen, die sich als Nebenfolge einer nichtunternehmerischen Betätigung (früher auch sog. Eigenleben) ergeben –wie z.B. der Verkauf gebrauchter Gegenstände aus dem Privatbereich– grundsätzlich zum nichtunternehmerischen Bereich gehören und nur dann zu unternehmerischen Umsätzen werden, wenn sie einen „geschäftlichen“ Rahmen i.S. des § 2 Abs. 1 UStG erreichen (…)

Aus der oben angeführten Rechtsprechung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verkauf eines Gegenstands, den er seinem Privatvermögen zugeordnet hatte, allein aus diesem Grund nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Denn entgeltliche Umsätze eines Steuerpflichtigen unterliegen zwar grundsätzlich der Mehrwertsteuer, wenn er als solcher gehandelt hat, doch ist für die fehlende Steuerbarkeit eines solchen Umsatzes neben der Zuordnung zum Privatvermögen auch erforderlich, dass der Steuerpflichtige einen solchen Verkauf nicht im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit vornimmt, sondern im Rahmen der Verwaltung seines Privatvermögens (…) Dass eine Person einen Gegenstand für ihren persönlichen Bedarf erworben hat, schließt nicht aus, dass der Gegenstand im Anschluss zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt wird (…)

Ein maßgebliches Beurteilungskriterium dafür, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, besteht darin, dass der Eigentümer aktive Schritte zur Vermarktung unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, z.B. bewährte Vermarktungsmaßnahmen durchführt (…) Derartige Maßnahmen erfolgen normalerweise nicht im Rahmen der Verwaltung von Privatvermögen, so dass der Verkauf in einem solchen Fall nicht als bloße Ausübung des Eigentumsrechts durch seinen Inhaber angesehen werden kann (…) Auch die Dauer des Zeitraums, währenddessen Lieferungen erfolgen, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen sind Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls gehören und neben anderen Gesichtspunkten bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können (…)

Umsatzsteuer und eBay-Verkäufer: Finanzämter sind hinterher

Es verbleibt die, nicht neue, Erkenntnis, dass sich Verkäufer auch um steuerrechtliche Probleme kümmern müssen. Dabei sollte nicht auf ein „Versteckspiel“ gesetzt werden, die Software XSPIDER ist angeblich weiterhin aktiv dabei, mutmaßliche Steuerhinterzieher im Internet zu suchen und inzwischen müssen Handelsplattform die Daten der Nutzer wohl an Finanzämter herausgeben. Abgesehen davon, dass es bei zahlreichen Verkäufern nur eine Frage der Zeit ist, bis durch eine Prüfung bei einem der Käufer man selbst ins Visier der Finanzbehörden gerät.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT-Recht)

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noreply

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT-Recht)

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