Unter Umständen muss auch eine Software ein CE-Kennzeichen vorhalten. Ein besonderer Anwendungsbereich liegt im Medizinproduktegesetz: So dürfen Medizinprodukte entsprechend §6 MPG nur dann in Deutschland in den Verkehr gebracht werden, wenn sie die grundlegenden Anforderungen der §§ 6 Abs. 2, 7 MPG erfüllen sowie eine CE-Kennzeichnung tragen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu fragen, ob eine Software als ein solches kennzeichnungspflichtiges Medizinprodukt überhaupt einzustufen ist.
Damit eine Steuerungssoftware entsprechend § 3 Nr. 1 MPG dem Medizinproduktebegriff unterfällt, muss die betroffene Software vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmt sein und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzt werden. Dies kann insbesondere anzunehmen sein, wenn
- ein Einfluss auf die Auswahl therapeutischer Maßnahmen oder die gegenüber einem Patienten gestellte Diagnose existiert;
- wenn die Funktionstüchtigkeit betroffener medizinischer Instrumente oder verwendeter Geräte (etwa Desinfektionsgeräte) vom Einsatz der Software abhängt;
- anders etwa wenn lediglich Daten übertragen werden, aber ansonsten nicht mit medizinischen Geräten interagiert wird;
Eigenständige Software i. S. d. § 3 Nr. 1 MPG ist demgegenüber jede Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten zu dienen bestimmt ist und ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper erreicht:
Zwar ist es nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nicht erforderlich, dass die Software unmittelbar im oder am menschlichen Körper eingesetzt wird. Sie definiert sich vielmehr maßgeblich über die medizinische Zweckbestimmung durch den Hersteller (EuGH, Urt. v. 7.12.2017 – C-329/16, EuZW 2018, 166, 167). Entsprechend ist es unschädlich, dass die d. Software nur mittelbar, nämlich über die Dokumentation der Aufbereitung, der die Freigabe der medizinischen Instrumente für die Verwendung nachfolgt, auf die Behandlung von Patienten wirkt. Es fehlt jedoch an der maßgeblichen medizinischen Zweckbestimmung.
Zweckbestimmung definiert § 3 Nr. 10 MPG als die Verwendung, für die das Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien nach den Angaben des Herstellers bestimmt ist. Entscheidend ist insoweit die subjektive Bestimmung durch den Hersteller, der allein durch objektive Haltbarkeit und Willkür Grenzen gesetzt sind (…)
LG Hamburg, 416 HKO 114/20
Hiermit fällt eine Software nicht schon deshalb unter den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 1 MPG, weil sie im medizinischen Bereich überhaupt verwendet wird. Vielmehr muss die Software ihrer Funktionsweise nach über die einer bloßen Archivierungs-, Kommunikations- und Dokumentationssoftware hinausgehen, beispielsweise indem sie in automatisierter Form Analysen liefert und auf diese Weise die Behandlung eines Patienten beeinflusst.
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