Anforderungen an eine ordnungsgemäße Mängelrüge bei der Lieferung von Standardsoftware

Eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (19 U 88/96) aus dem Bereich des Softwarerechts möchte ich der Vollständigkeit halber erwähnen: Es geht um die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Mängelrüge bei der Lieferung von Standardsoftware. Dabei hat das OLG Köln seinerzeit entschieden, dass bei einem Vertrag über die Lieferung einer aus mehreren Komponenten bestehenden Standardsoftware die Geltendmachung der Wandelungseinrede auf Fehler bei der Anwendung nur gestützt werden können, wenn der Pflicht zu substantiiertem Sachvortrag genügt wird. Dies ist nicht schon erfolgt, wenn allgemein behauptet wird, der Betrieb eines bestimmten Programmes sei nicht möglich gewesen. Um eine Überprüfung der Beanstandung zu ermöglichen und eine ordnungsgemäße Verteidigung zu gewährleisten, sind vielmehr konkrete Angaben dahingehend erforderlich, mit welchem Inhalt und Ziel das Programm vertragsgemäß betrieben werden sollte, welche und wieviele Arbeitsschritte vorgenommen worden sind und gegebenenfalls mit welchen Fehlermeldungen die Anlage darauf reagiert hat.

Aus der Entscheidung:

Die Beklagte beschränkt sich im Kern auf die Mitteilung, das im Grundsystem enthaltene Programm ,Offertenverwaltung/Konditionierung“ habe von Anfang an nicht funktioniert. Dazu trägt sie lediglich erläuternd vor, anders als vorgesehen und vereinbart seien individuelle Kundenvereinbarungen durch die Software der Klägerin bei der Fakturierung nicht berücksichtigt worden. Außerdem seien bei der Firma Schwarzer Logistik GmbH in Wunstorf ganze Aufträge ,verschluckt“ worden. Anhand dieser sehr allgemeinen Darstellung kann sich der Senat keine konkrete Vorstellung von den beanstandeten Ausfällen der Software machen; sie ermöglicht der Klägerin auch keine substantiierte Verteidigung. Die Beklagte teilt nämlich nicht mit, welche Sonderkonditionen sie bezüglich welcher Kunden eingeben hat und in welcher Weise die von der Software produzierten Ergebnisse von der vertraglich geschuldeten Solleistung abgewichen sind. Sie gibt insbesondere auch nicht an, welche konkreten Eingabebefehle die Mitarbeiter der Firmen in Wunstorf und Schermeke vorgenommen haben und wie die Anlage – ggfls. mit welcher Fehlermeldung – hierauf reagiert hat. Die Angabe der konkreten Arbeitsschritte ist aber zum einen unerläßlich, um eine fehlerhafte Anzeige oder Verarbeitung in der Software nachvollziehen, zum anderen, um Bedienungsfehler ausschließen zu können. Solche liegen angesichts des Umstandes, daß es sich nach der unwidersprochenen Behauptung der Klägerin bei der verkauften Programmen um eine gut eingeführte und vielfach bewährte Standardsoftware handelte, nicht eben fern.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT-Recht)

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noreply

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