Der Bundesgerichtshof (VI ZR 84/19) konnte sich zu den Anforderungen an die elektronische Dokumentation bei Ärzten äußern und damit klarstellen, was man von einer ärztlichen Software zu erwarten hat. Der BGH hat insoweit klargestellt, dass einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht, keine positive Indizwirkung dahingehend zukommt, dass die dokumentierte Maßnahme von dem Behandelnden tatsächlich getroffen worden ist.
Der BGH stellt nun ausdrücklich – aber durchaus absehbar – klar, dass eine elektronische Dokumentation, die nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht, nicht den Anforderungen des § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB genügt:
Nach diesen Bestimmungen sind Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen. Ziel dieser Neuregelungen ist es, eine fälschungssichere Organisation der Dokumentation sicherzustellen. Deshalb muss im Falle einer elektronisch geführten Patientenakte die eingesetzte Softwarekonstruktion gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar werden (…)
Ebenso ausdrücklich stellt sich der BGH gegen die Auffassung, dass die Verwendung einer nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden Software zumindest zur Vermutung des § 630h Abs. 3 BGB führen könnte:
In dieser Bestimmung ist die bisherige Rechtsprechung zur Beweislastumkehr bei Dokumentationsversäumnissen kodifiziert worden. Im Einklang mit dieser knüpft sie beweisrechtliche Folgen nur daran, dass der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f BGB nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder die Patientenakte nicht aufbewahrt hat.
Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, erstreckt sich die Vermutung damit auf die unterbliebene, lückenhafte, nicht zeitnahe, nicht auffindbare oder entgegen § 630f Abs. 3 BGB nicht aufbewahrte Dokumentation (…). Den Fall, dass die medizinische Maßnahme zwar elektronisch dokumentiert, die Dokumentation aber mit einer nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden Software erstellt wurde, regelt die Bestimmung dagegen nicht.
Abschließend kommt einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht, mit dem BGH aber auch keine positive Indizwirkung dahingehend zu, dass die dokumentierte Maßnahme von dem Behandelnden tatsächlich getroffen worden ist!
Denn anders als bei der herkömmlichen hand- oder maschinenschriftlichen Dokumentation, bei der nachträgliche Änderungen durch Streichung, Radierung, Einfügung oder Neufassung regelmäßig auffallen, bietet die mithilfe einer – nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden – Software geführte elektronische Dokumentation jedem Zugriffsberechtigten die Möglichkeit, den bisher aufgezeichneten Inhalt in kurzer Zeit, mit geringem Aufwand und fast ohne Entdeckungsrisiko nachträglich zu ändern:
Darüber hinaus besteht die Gefahr der versehentlichen Löschung oder Veränderung des Inhalts (…). Einer solchen Dokumentation fehlt es an der für die Annahme einer Indizwirkung erforderlichen Überzeugungskraft und Zuverlässigkeit (…). Sie rechtfertigt nicht den ausreichend sicheren Schluss, die dokumentierte Maßnahme sei tatsächlich erfolgt
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