Softwarepflegevertrag: Pflicht zur Anpassung von Software an gesetzliche Änderungen?

Softwarepflegevertrag und gesetzliche Änderungen: Spätestens mit der Datenschutzgrundverordnung ab Mitte 2018 dürfte gerade in Fällen von Software im Bereich „Big Data“ und beim Kundenbezug die Frage aufkommen, ob eine Pflicht des Softwareanbieters zur Anpassung an gesetzliche Änderungen besteht. Tatsächlich dürfte dies mitunter in Betracht kommen, allerdings wird es auf den Einzelfall ankommen.

Pflicht bei Softwarepflegevertrag

Besonders naheliegend erscheint die Annahme beim Softwarepflegevertrag, wozu auch häufig eine Entscheidung des OLG Köln (19 U 115/02) zitiert wird, die angeblich eine absolute Pflicht zur Anpassung an gesetzliche Veränderungen angenommen hat. Tatsächlich liest sich die Entscheidung allerdings so:

Zur Anpassung dieser Software an die gesetzliche Veränderungen hat sich die Beklagte gegenüber dem Kläger im Software-Pflege-Vertrag verpflichtet. Stellt sich dann im Hinblick auf eine Gesetzesänderung heraus, dass sich mit der bislang verwendeten Datenbankversion die Änderungen nicht programmieren lassen, hat die Beklagte zwei Möglichkeiten: Sie erwirbt die Lizenz für die neue Datenbank (…) und programmiert auf diese Datenbank die Änderungen (…) was unstreitig möglich ist oder sie kündigt den Software-Pflege-Vertrag im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfristen, um den mit dem Erwerb und der Neuprogrammierung verbundenen Kostenaufwand zu vermeiden. Da die Beklagte bis heute den Wartungsvertrag nicht ordentlich gekündigt hat (die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, festgestellt), besteht ihre Verpflichtung aus dem Pflegevertrag fort.

Hier bestand aus dem Softwarepflegevertrag heraus also die Pflicht, Anpassung an gesetzliche Veränderungen vorzunehmen. Aber: Das OLG stellte ausdrücklich fest, dass man sich zu dieser Anpassung im Vertrag schon verpflichtet hatte! Es geht nach meiner Lesart gerade nicht darum, dass dies eine allgemeine Schlussfolgerung für alle Softwarepflegeverträge war sondern in diesem konkreten Fall eine geschuldete Leistung war, die ausdrücklich vereinbart war!

Tatsächlich aber ist es durchaus naheliegend, aus einem Softwarepflegevertrag auf diese Pflicht rückzuschliessen, schon im Bereich der Gewährleistung ist ja zu thematisieren, ob eine Software nicht mangelhaft ist, die man nicht einsetzen darf und die (ab Mai 2018) zu massiven Bussgeldern führen könnte. Während bei einer vor der Gesetzesänderung einmalig erstellten individuellen Software oder erworbenen Nutzungslizenz streitig sein dürfte wie mit der Gesetzesänderung umzugehen ist (dazu sogleich) sichert man bei einem Softwarepflegevertrag ja gerade die Aufrechterhaltung der Nutzungsmöglichkeit zu. Ob dies letztlich so vereinbart werden könnte, dass damit stringent nur die Technik gemeint ist erscheint mir erst einmal schwierig.

Gesetzliche Änderungen als Mangelfall?

Kann eine gesetzliche Änderung zu einem Mangel einer Software führen? Aus meiner Sicht kann dies thematisiert werden: Jedenfalls dann natürlich, wenn ohnehin die Gesetzeskonformität als Beschaffenheit im Hinblick auf bereits anstehende (!) gesetzliche Veränderungen vereinbart war. Dies kann auch durchaus „versehentlich“ geschehen, etwa weil man die Gesetzeskonformität ausdrücklich oder konkludiert in einem Laufzeitvertrag zugesagt hatte. Hiervon losgelöst wird es schwierig, in vor der Gesetzesänderung geschlossene Verträge genug hinein zu interpretieren um zu einem Mangel zu kommen. Gerade bei Verträgen mit Bezug zur Verarbeitung (sensibler) (Kunden-)Daten muss man aber auch offen sagen, dass es kurzsichtig ist, über die naheliegende Möglichkeit einer Rechtsänderung nicht zumindest nachzudenken. Bei einem Softwarepflegevertrag wird man mit obigen Ausführungen durchaus dazu kommen, dass die Pflicht besteht, die Änderungen vorzunehmen im Rahmen der bestehenden Vereinbarung.

Doch auch hier werden Softwareanbieter mit einigem Geschick Wege finden, Mehraufwand zu kompensieren: Etwa indem man das gesetzliche Minimum umsetzt und Zusatzkomponenten kostenpflichtig anbietet. Gerade im Hinblick auf zusätzliche Funktionen im Bereich IT-Sicherheit und Reporting bieten sich zusätzliche Komponenten an, die man sich gut zusätzlich vergüten lassen kann um einen Umstieg auf eine andere Version schmackhaft zu machen. Wer hier schlampt als Anbieter hat ein massives Problem: Natürlich weil der Verlust eines Kunden droht; aber eben auch, weil das Risiko zu sehen ist, dass der Kunde quasi als „Ersatzbeschaffung“ eine teurere Software besorgt und sich die Differenz dann über den Schadensersatz zurück holt. Was immer noch günstiger sein kann als im schlimmsten Fall ein Stilllegen durch die Aufsichtsbehörde.

Fazit

Sollte man es dagegen mit dem kaufmännischen Weg über das Marketing nicht lösen können, sollte geprüft werden, ob noch eine ordentliche Kündigung des Softwarepflegevetrages in Betracht kommt. Dies umso mehr, wenn man fürchtet, nicht kaufmännisch vernünftig die doch erheblichen Auswirkungen der DSGVO umsetzen zu können. Diese Befürchtung ist auch keineswegs fernliegend: Die Anforderungen durch die DSGVO sind im Vergleich zum noch aktuellen BDSG spürbar gesteigert und neue Konzepte wie „Privacy by Design“ können erhebliche Folgekosten bei der Softwaregestaltung auslösen. Softwareanbieter können sich dabei durchaus vorhalten lassen, dass man seit inzwischen geraumer Zeit weiss, wann die DSGVO kommt – Zeit genug um die eigenen Optionen auszuloten war jedenfalls vorhanden. Anders dagegen werden sich die Kunden genau überlegen müssen, ob sich bei der konkret genutzten Software Probleme ergeben und ob hier geklärt ist, wie diese weiter betrieben wird.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT-Recht)

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noreply

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT-Recht)

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